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Joachim Feist erläutert die Technik hinter dem Fakeshop-Finder im Podcast "Genau Genommen" der Verbraucherzentrale NRW

| Interview | Fake-Online-ShopsKI

Im Verbraucher-Podcast "Genau genommen" der Verbraucherzentrale NRW erläutern Iwona Husemann (VZ NRW) und Joachim Feist (mindUp) im Gespräch mit Dorian Lötzer alles rund um das Thema Fakeshop. Der Experte von mindUp für die technische Erkennung gibt zudem Einblicke in die Arbeitsweise des Fakeshop-Finders.

 

Hier geht es zu der Podcast-Folge rund um das Thema Fakeshop:
Folge 18: Wie kaufe ich sicher im Internet?

Podcast-Kanal der Verbraucherzentrale NRW
Genau Genommen

Hier geht es zum Fakeshop-Finder der VZ NRW

Auszug aus dem Transkript zum Interview mit Joachim Feist:

Dorian Lötzer: Joachim Feist und seine Firma mindUp befassen sich seit nun mehr als 7 Jahren mit dem Thema Fakeshops. Ursprünglich wollten sie eigentlich deutschsprachige Internetseiten indexieren. Doch dabei viel ihnen auf, bei wie vielen Seiten zum Beispiel ein Impressum fehlt. Und davon waren sehr viele als Onlineshops klassifiziert. Diesen wollten sie auf die Spur gehen. Schauen, was es in Deutschland für Ansprechpartner gibt, die dagegen vorgehen können. Und sie haben sich dann dazu entschieden, selbst tätig zu werden.

Joachim Feist: Und vor ungefähr 2 Jahren haben wir uns dann gesagt „jetzt machen wir einfach mal den Teil, den wir besonders gut können den technischen Teil.“ Und seit 2 Jahren suchen wir jetzt quasi täglich mit diesen Techniken - Crawling und künstlicher Intelligenz - neu aufgemachte Fake Shops. Wir bestücken dazu Suchmaschinen eben mit shopping-affinen Begriffen und untersuchen dann sämtliche neu auftauchende Domänen. Und können damit eben quasi neue Fakeshops mithilfe von Ähnlichkeiten, die eben diese künstliche Intelligenz erkennen kann, dann herausfinden.

Dorian Lötzer: Auf das, was aus diesem technischen Teil geworden ist, komme ich später nochmal zu sprechen. Diese ganze Arbeit hat aber auch dazu geführt, dass Joachim Feist jetzt ein waschechter Experte zum Thema Fakeshops in Deutschland ist. Also habe ich gehofft, dass er mir ein Gefühl dafür geben kann, wie groß dieses Problem wirklich ist.

Joachim Feist: Zum Ausmaß, was da ein Schaden verursacht wird, haben wir mal vor 3-4 Jahren waren es glaube ich, mal eine Testbestellung gemacht in einem Fake Shop. Da ging es damals um Fußballtrikots und tatsächlich war das dann eben so ein Fakeshop, sag ich mal, von der anderen Seite des Erdballs.

Die Belastung auf die Kreditkarte erfolgte dann eben von einer chinesischen Firma, in diesem Fall, und wir konnten dann durch diesen Namen, der eben auf der Kreditkartenrechnung auftauchte, für dieses Trikot, das wir nie erhalten haben, dann auch mal schauen, im Internet - gibt es da jetzt andere Betroffene? Und wenn man sowas dann hochrechnet, kommt man schon darauf, dass eben ein solcher Fakeshop-Betreiber mit einem Zahlungsziel wie dieses eben jetzt namentlich eben auftauchte und über so einen Zeitraum von sagen wir mal 6 - 8 Monaten, in denen dann sowas online ist durchaus im ein bis zweistelligen Millionen Bereich Geld verdienen kann.

Und das Ganze war jetzt eben nur ein Bezahlungsziel, das heißt das heißt ja nicht, dass eben dieser Fake Shop Betreiber nicht noch auf anderem Wege sein Geld dann zu sich führt.

Dorian Lötzer: Leider kann selbst Joachim Feist keine genauere Auskunft zu der Schadensmenge von Fakeshops geben. Schätzen tut er aber, dass es hier alleine in Deutschland um echte Millionenbeträge geht. Und damit ist es kein kleines Problem.

Doch Fakeshop ist nicht gleich Fakeshop. Und man kann auch nicht einfach irgendeine Seite ins Internet stellen, die Füße hochlegen und quasi darauf warten, dass das Geld einfach so einfließt. Aber da, wo es Geld gibt, gibt es auch einen „Markt“. Und über den wollte ich mehr erfahren.

Joachim Feist: Es gibt auch verschiedene „Fakeshop-Betreiber“ (nenne ich jetzt mal). Also wir sehen eben diese Fakeshops, die auch heute noch kein Impressum haben. Da vermuten wir mal, dass die eben von der anderen Seite des Erdballs irgendwie gesteuert werden. Die agieren dann eben auch in den verschiedensten Sprachen und deren Vorgehensweise ist eben ja so „Masse statt Klasse,“ nenn‘ ich es jetzt mal. Dann gibt es Fake Shop Akteure, die sind eher hier lokal anzusiedeln. Die wissen ganz genau, was ein Fakeshop oder was ein Onlineshop eigentlich alles haben muss - dass da ein Impressum zu sein hat, dass da eben eine Datenschutzerklärung irgendwo sein sollte, Widerrufsrecht irgendwie besprochen sein. Und die machen dann eher „Klasse statt Masse,“ das heißt, die haben dann vielleicht 23 Fakeshops parallel online und nehmen dann die neuen Fakeshops erst dann rein, wenn jemand den Alten zugemacht hat.

Und was man eben auch feststellen muss ist, dass dieses Fakeshop-Treiben tatsächlich zugenommen hat. Zum einen sagt man, das ist vielleicht sogar heute schon vom organisierten Verbrechen genutzt, da es eigentlich eine Betrugsform ist, die deutlich risikoloser ist, als jetzt Drogen zu verkaufen.

Dorian Lötzer: Diese Erkenntnis ist wichtig. Denn die Vermutung liegt bei Fakeshops oft nahe, dass es um Einzeltäter in irgendwelchen Keller geht. Und dann vernachlässigt man das Problem eher. In der Realität sind viele Betreiber:innen solcher Fakeshops höchst professionell geworden, Teils mit firmenähnlichen Strukturen. Und diese Professionalität spiegelt sich auch in deren Strategien wieder.

Teilweise haben Fakeshops nämlich ein wirklich gutes Verständnis vom Markt. Wenn gerade Grafikkarten für Computer schwierig zu kriegen sind, richten sie sich darauf aus. Wenn Sneaker oder Spielekonsolen begehrt sind, dann darauf. Je höher der Wunsch der Opfer ist, an ihr Produkt zu kommen, desto leichter haben es Fakeshops.

Joachim Feist: Also man muss schon sagen, dass diese Fakeshop-Betreiber sehr kreativ sind und auf der anderen Seite sehen wir auch zunehmend kriminelle Machenschaften. Das heißt, ein Fake-Betreiber hat ja eigentlich das gleiche Problem wie ein normaler Onlineshop. Er stellt seinen Fakeshop jetzt online und niemand kennt den. Es wird auch niemanden geben, der sagt, „Oh, ich hab‘ kürzlich in diesem schönen neuen Shop eingekauft, das lief alles zu meiner Zufriedenheit.“ Das fällt bei ihm eben auch weg. Und das heißt für ihn, er muss vielleicht Werbung schalten, das ist aber auch natürlich riskant, weil er dann eben bei diesen Stellen, bei denen er Werbung schaltet, auch wieder mit gefälschten Konten Kontenangaben arbeiten muss oder eben seine Adressdaten angeben muss.

Tatsächlich haben wir jetzt vor ungefähr 4-5 Jahren festgestellt, dass Fake Shops auch hingehen, insbesondere im Bereich rezeptpflichtige Arzneimittel, in dem besonders viel Geld auch zu holen ist, und Drittseiten hacken. Das heißt, um in die Suchmaschinen reinzukommen, hängen sie sich unternormale .de-Adressen mit ihren Inhalten. Und ich sehe dann plötzlich eben eine ganz normale deutschsprachige Domäne in der Suchmaschine, die plötzlich eben mit ihren Unterseiten für diesen Fakeshop sichtbar wird. Die Webseite bleibt von vorne her ganz normal.

Das heißt, wenn wir Seitenbetreiber darauf ansprechen, dass sie gehackt wurden, sagen die „meine Seite sieht doch aus wie immer. Da ist doch alles normal, da gibt es doch kein Problem“ aber aus der Suchmaschine kommend ist es dann eben so, dass dieser Klick dann weitergeleitet wird zum Fakeshop.

Dorian Lötzer: Fakeshops sind mittlerweile also extrem professionalisiert. Sie nutzen nicht nur die Algorithmen von Suchmaschinen gezielt aus, um mit ihrer Werbung ganz oben zu erscheinen, sondern hacken sich mitunter auch in andere Websites ein, um von deren Kundenvertrauen zu profitieren. Je nachdem, von welcher Art von Shop wir sprechen, sind die Zeiten auch vorbei, in denen man noch auf den ersten Blick erkennen konnte, dass es sich um eine Betrugsmasche handelt. Es wird immer schwieriger, unseriöse Läden im Internet schnell ausfindig zu machen.

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